Unsere Interviewreihe geht auch im neuen Jahr weiter: „Inklusion im Sport – Verein(t) für Alle“
Interview mit Regina Speulta und Charlene Karwacki vom 15. Januar 2021
Regina, als erste Frauenkampfkunstschule in Baden-Württemberg hat sich euer Verein stetig weiterentwickelt und bietet neben Frauenselbstverteidigungs-Kursen auch diverse Kampfkünste an. Wofür steht der Name „In Nae“ und was möchtet ihr damit ausdrücken?
Antwort: Ja, das ist immer eine spannende Frage. „In Nae“ ist koreanisch und bedeutet Geduld. Was wir ausdrücken wollten ist: Bringt Geduld mit, um das zu üben, was ihr lernen wollt. Kampfkunst hat nichts mit „hau-mal-drauf“ zu tun. Kampfkunst bedeutet sich in Körperbeherrschung zu schulen und schulen zu lassen. Sich Bewegungsmuster anzueignen, die in bedrohlichen Situationen ohne Weiteres abrufbar sind. Die Philosophie der entsprechenden Kampfkunst, die ethische Anforderungen an dem Thema Kampf ist die Grundlage einen gesunden Lebensweg gehen zu können. Dafür brauchen wir GEDULD - ein Leben lang.
In den vergangenen Jahren habt ihr eure Arbeit im Bereich des Gesundheits- und Rehasports, aber auch im Bereich der Inklusion ausgebaut. Unter anderem gibt es eine Taekwondo-Sportgruppe für Frauen und Mädchen mit kognitiver Einschränkung und geistiger Behinderung. Was hat euch dazu bewegt, für die Zielgruppe ein Angebot zu öffnen?
Antwort: Uns hat damals die Gruppe bewegt, die 2004 zu uns gekommen ist. Wir bekamen von der Lebenshilfe eine Anfrage für einen Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungskurs für junge Frauen – seitdem haben wir eine Gruppe acht junger Frauen im Taekwondo. Sie wollten einfach immer weiter trainieren, weil sie sich stärken wollten, weil sie sich bewegen und Woche für Woche treffen wollten. Menschen mit Behinderung sind täglich unangenehmen, grenzverletzenden bis hin zu lebensbedrohlichen Situationen ausgesetzt. Frauen und Mädchen mit kognitiver Einschränkung zu stärken haben wir uns zur Aufgabe gemacht. Es hat uns viel Spaß gemacht, den Frauen einen Raum zu bieten, wo sie die Möglichkeit haben, sich auszuprobieren und Sicherheit erfahren können.
Wie wird es angenommen, wie viele Teilnehmerinnen sind aktuell dabei?
Antwort: Aktuell sind es acht Frauen, die von einer jungen Trainerin trainiert werden. Wir hatten auch schon zwölf Teilnehmerinnen – dann waren wir mit zwei Trainerinnen in der Gruppe. Wir würden uns freuen, wenn die Gruppe wieder wachsen würde. Charlene ist als Teilnehmerin und ab sofort auch als Co-Trainerin mit dabei und wird uns ganz arg helfen.
Charlene, erzähle uns kurz, warum du Kampfsport machst und seit wann du dabei bist?
Antwort: Kampfsport mache ich, weil ich lernen wollte, wie man sich behauptet und wie man sich wehren kann. Außerdem war es mir wichtig, Woche für Woche Sport zu machen und mich mit den anderen zu treffen. Und ich habe sehr viel Spaß daran. Dabei bin ich seit Juli 2008.
Du hast im letzten Jahr an der BBS-Ausbildung für Menschen mit geistiger Behinderung zur Co-Trainerin teilgenommen und die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Was hast du in der Ausbildung gelernt?
Antwort: Gelernt habe ich, wie man etwas anleitet und wie man seine Ideen, die man hat, umsetzt. Und wenn man etwa anleitet, muss man es der Gruppe laut und deutlich erklären. Ich kann andere Teilnehmerinnen in der Gruppe unterstützen und darf die Übungen und Spiele anleiten.
Du bist jetzt Co-Trainerin im Verein. Welche Aufgaben hast du in der Sportgruppe?
Antwort: Der Trainerin zu assistieren. Wir haben eine Teilnehmerin, die besonders Hilfe braucht. Die möchte ich unterstützen.
Regina, du hast Charlene bisher trainiert und sie zu der Ausbildung ermutigt und begleitet. Jetzt steht Sie als Co-Trainerin an deiner Seite. Was bedeutet es für dich und wie sind die ersten Erfahrungen?
Antwort: Ich habe Charlene ermutigt, weil Charlene immer sehr konzentriert und mit viel Spaß, Energie und Engagement hier ist. Charlene ist einfach klasse, sehr überlegt und möchte sich gerne bewegen. Ich habe mir gedacht, dass sie Spaß daran haben könnte, uns zu unterstützen. Wir haben in der Zeit von Corona leider erst einmal trainieren können, aber Charlene macht es hervorragend.
Sie hilft einer anderen Teilnehmerin die gestellten sportlichen Aufgaben zu bewältigen. So kann ich den Fokus stärker auf die Gruppe anstatt auf eine einzelne Teilnehmerin legen. Charlene leitet gerne eine Übung am Anfang oder am Ende an. Und gleichzeitig ist es auch eine schöne Erfahrung für die anderen Frauen.