Para Ski nordisch: Paralympics-Tests mit positiven Schlüssen

Sebastian Marburger sprintet beim Para Weltcup in Val di Fiemme zu Gold, Anja Wicker und Leonie Walter zu Silber. Im Klassik-Rennen über zehn Kilometer laufen Marburger und Walter erneut aufs Podium. Kathrin Marchand wird in ihren ersten Langlauf-Rennen jeweils Vierte.

Das vielleicht größte Lob kam von der Weltcup-Führenden und achtfachen Weltmeisterin Vilde Nilsen aus Norwegen. „Du bist verdammt gefährlich“, raunte die 24-Jährige der Neuen im Klassement zu. Die Neue, das war Kathrin Marchand (SV Kirchzarten), die bei ihrem Premieren-Auftritt in einem Para Ski nordisch-Weltcup sofort für Furore sorgte. Im Klassik-Sprint von Val di Fiemme (Italien) gewann sie als Prolog-Sechste der Frauen stehend ihren Halbfinal-Lauf und hatte im Finale eine Bronze-Medaille vor Augen. Nilsen und Oleksandra Kononova (Ukraine) waren außer Reichweite, an die Chinesin Zhiqing Zhao rückte die 34-jährige Kölnerin auf der Zielgeraden aber immer näher ran – bis sie aus dem Tritt kam und stürzte.

„Das war ein bisschen meiner noch fehlenden Technik geschuldet. Ärgerlich, aber ich hätte nicht damit gerechnet, überhaupt ins Finale zu kommen“, sagte Marchand. Schmerzhaft war das Ende für sie trotzdem; vor allem die Schulter tat nach dem Sturz weh. Die Olympia-Ruderin von 2012 und 2016, die nach einem Schlaganfall 2021 zum Para Sport fand, biss auf die Zähne und startete am Sonntag auch über die zehn Kilometer, wo sie wieder Vierte wurde, erneut hinter Nilsen und Kononova. Bohdana Konashuk aus der Ukraine holte Bronze.  

Anja Wicker mit Silber-Triple

Ähnlich knapp wie Kathrin Marchand verpasste Merle Menje (StTV Singen) im Sprint eine Medaille. Im Finale der sitzenden Frauen, in dem Anja Wicker (MTV Stuttgart) hinter Yuxin Zhai (China) zu ihrer dritten Silbermedaille in Val di Fiemme lief, wehrte sich Menje nach Kräften gegen die mehrfache Paralympics-Siegerin und Weltmeisterin Kendall Gretsch (USA), die sich auf den finalen Metern aber an ihr vorbeischob.

Die 20-jährige Deutsche schwankte hinterher zwischen Stolz und Enttäuschung. „Es tut ein bisschen weh, weil es so knapp war und ich genau weiß, wo ich Zeit verloren habe, aber die Freude darüber, dass ich mal wieder in einem Finale stand und Vierte geworden bin, überwiegt“, verriet sie. Darauf hob auch der Bundestrainer Ralf Rombach ab. „Merle hat einen tollen Sprint-Tag gezeigt. Sie war im Flow“, sagte er. Und das galt auch für den darauffolgenden Tag: Über die zehn Kilometer lief Menje in allen Runden konstant gut. In der Endabrechnung sprang beim Sieg von Kendall Gretsch vor der Brasilianerin Aline dos Santos Rocha und Shiyu Wang (China) ein sehr respektabler fünfter Rang für sie heraus.  

Sebastian Marburger im Sprint erneut ganz vorn

Seinen zweiten Sprint-Sieg im zweiten Sprint-Rennen dieses Winters feierte bei den Männern stehend Sebastian Marburger (SK Wunderthausen). In einem packenden Final-Zweikampf mit dem Franzosen Karl Tabouret hatte der 27-jährige Deutsche um 1,2 Sekunden die Nase vorn. Marco Maier (SV Kirchzarten), der bei für ihn schwierigen, sehr weichen Bedingungen Fünfter knapp hinter den beiden Japanern Yoshihiro Nitta und Taiki Kawayoke wurde, war Marburgers erster Gratulant. Alexander Ehler (SV Kirchzarten) beendete den Sprint als Elfter, Max Long (SV Kirchzarten) musste krankheitsbedingt passen.

Am Sonntag trat Sebastian Marburger als einziger Deutscher in seiner Klasse an; die anderen waren wie ein Großteil des Teams bereits ins rund fünf Autostunden entfernte Pokljuka (Slowenien) aufgebrochen, wo diesen Donnerstag das erste Rennen der Para Biathlon-WM stattfindet. Der Bad Berleburger zeigte dabei, dass er auch ein Mann für die längeren Distanzen ist. Er wurde über die zehn Kilometer Dritter hinter Witold Skupien aus Polen und Kawayoke.

Doppel-Silber in den Langlauf-Entscheidungen gewann Leonie Walter (SC St. Peter, mit Guide Christian Krasman) bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung, im Sprint hinter Carina Edlinger (Österreich), über die zehn Kilometer hinter Simona Bubenickova. Tags zuvor war die Tschechin als Topfavoritin nach einem unglücklichen Frühstart in ihrem Sprint-Halbfinale disqualifiziert worden. Davon profitierte Linn Kazmaier (SZ Römerstein, mit Guide Florian Baumann), die unerwartet ins Finale nachrückte und Gesamt-Vierte wurde. Johanna Recktenwald (Biathlon Team Saarland, mit Guide Emily Weiß) wurde Fünfte. Eigentlich keine Klassik-Expertin, präsentierte sich die 23-Jährige zur Freude des Bundestrainers sehr laufstark.

Gute Erkenntnisse für die Paralympics 2026

Bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung machte Theo Bold (WSV Isny, mit seinem Bruder Jakob Bold als Guide) auf sich aufmerksam. Der 18-jährige Abiturient aus dem schwäbischen Rottenburg wurde im Sprint als bester Deutscher Sechster. Nico Messinger (Ring der Körperbehinderten Freiburg, mit Guide Robin Wunderle) und Lennart Volkert (PSV München, mit Guide Sven Kolb) kamen auf die Plätze sieben und neun. Über die zehn Kilometer liefen die Brüder Bold auf Rang sieben. An beiden Tagen war der Amerikaner Jake Adicoff nicht zu schlagen. „Theo hat zuletzt nicht viel trainiert. Gemessen daran waren das zwei starke Resultate. Das zeigt sein hohes Potenzial“, sagte Ralf Rombach. Und im Sprint wäre fast noch mehr drin gewesen. Lediglich 1,1 Sekunden fehlten im Halbfinale zum Einzug in den Endlauf. „Jakob und ich hatten uns eine gute Taktik überlegt. Es hat dann zwar nicht ganz gereicht, aber wir haben gezeigt, dass wir nicht weit weg sind von der Spitze“, bilanzierte Theo Bold selbst.

Die Gesamtbilanz des Weltcups fällt somit positiv aus. Die Tage in Val di Fiemme haben Lust gemacht auf das, was im Trentino im kommenden Jahr folgt: die Paralympics. Dass beim Testevent für das Großereignis noch nicht alle Abläufe passten, dass es auch organisatorisch noch die eine oder andere Hausaufgabe gibt, sehen alle Verantwortlichen sportlich. „Dafür machen wir ja diesen Test: Um die richtigen Schlüsse zu ziehen, was man noch ändern kann oder ändern muss“, sagte Marco Maier – und meinte damit sowohl die Veranstalterseite als auch die der Athletinnen und Athleten.

Leonie Walter sieht das genauso: „An den Stellen, an denen wir noch ein wenig Zeit verloren haben, werden wir bis nächstes Jahr arbeiten“, kündigt sie an. Zunächst aber gilt der Fokus etwas anderem: den anstehenden Weltmeisterschaften in Pokljuka und Toblach (Italien) in der Woche darauf.

Quelle: Nordic Paraski Team Deutschland

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