Para Ski nordisch: Ins Rampenlicht gelaufen
Acht Nationen bereicherten die Internationalen Deutschen Meisterschaften im Para Skilanglauf und Para Biathlon in Oberhof, darunter eine Paralympics-Siegerin im Triathlon. Der 17-jährige Theo Bold aus Rottenburg überzeugte mit seinem Doppelgold bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung.
Sein Talent hat er schon in der Vergangenheit ein ums andere Mal unter Beweis gestellt, doch mit einem solch energischen Auftritt hatten weder der Bundestrainer Ralf Rombach noch der baden-württembergische Landescoach Markus Sommerhalter gerechnet: Theo Bold zählte am vergangenen Wochenende zu den größten von einigen positiven Überraschungen bei den internationalen deutschen Meisterschaften. Der für den WSV Isny startende Rottenburger gewann in der LOTTO Thüringen Skisport-Halle sowohl das Klassik-Rennen im Langlauf über sechs Kilometer als auch den Wettbewerb im freien Stil über die gleiche Distanz.
Einzig im Biathlon-Rennen am Sonntag lief es für Bold nicht optimal, da hatte er gegenüber Lennart Volkert vom PSV München das Nachsehen. Der 20-Jährige aus Markt Schwaben durfte im vergangenen Dezember schon Weltcup-Erfahrungen sammeln, Theo Bold könnte im Januar 2024 sein Debüt auf der großen Bühne geben. Verdient hätte er es. Der Bundestrainer ist von den Leistungen beider Nachwuchskräfte angetan. „Mit Theo und Lenni kommen da zwei starke Junge nach“, sagt Ralf Rombach, der in der verstärkten internen Konkurrenz eine Zusatzmotivation für den etablierten Nico Messinger sieht. Der vierfache Medaillengewinner der WM 2023 in Schweden vom Ring der Körperbehinderten Freiburg war in Oberhof krankheitsbedingt nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. Für ihn gab es einmal Silber.
Auch Lehmker und Walter mit Doppel-Gold
Starke Auftritte in anderen Kategorien zeigten Steffen Lehmker (WSV Clausthal-Zellerfeld) bei den Männern stehend und Leonie Walter (SC St. Peter) bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung. Lehmker gewann das Langlauf-Rennen im freien Stil und den Biathlon-Wettkampf, dort mit der Winzigkeit von 0,1 Sekunden vor Oldie Alexander Ehler (SV Kirchzarten). Walter holte an der Seite ihres neuen Guides Christian Krasmann Gold in beiden Langlauf-Rennen und unterstrich ihre starken Trainingsauftritte. „Sie hat im teaminternen Wettstreit läuferisch das Heft in die Hand genommen“, lobt Ralf Rombach. Das zeigte sie auch im Biathlon, wo sie sich jedoch einen folgeschweren Schießfehler leistete. Dadurch ging der Sieg an die fehlerlose Linn Kazmaier (SZ Römerstein). Johanna Recktenwald (Biathlon-Team Saarland, mit Pirmin Strecker als neuem Guide) präsentierte sich als Dritte mit gerade einmal 23,3 Sekunden Abstand ebenfalls sehr positiv.
Bei den Männern stehend im Klassik-Langlauf verteidigte der Disziplin-Spezialist Sebastian Marburger (SK Wunderthausen) seinen Titel aus 2022 erfolgreich. Anja Wicker (MTV Stuttgart) holte bei ihrem einzigen Start bei den Frauen sitzend den Sieg über die Langlauf-Sprint-Distanz.
Oberhof erfreut sich wachsender Beliebtheit
Die Team-Verantwortlichen zogen nicht nur aufgrund der sportlichen Leistungen ein positives Fazit des Wochenendes. Die vom WSV Oberhof und dem Deutschen Behindertensportverband gewohnt zuverlässig ausgerichteten internationalen Meisterschaften, die gleichzeitig als Continental-Cup offizieller Bestandteil des Wettkampfkalenders des Ski-Weltverbands FIS waren, werden immer attraktiver. Dazu trug bei, dass im Rahmen der Veranstaltung eine Klassifizierung stattfand; eine Einteilung neuer Sportlerinnen und Sportler in Startklassen. Dies nahmen beispielsweise die Ukrainer Hryhorii Shymko und Andrii Yevtushenko zum Anlass für eine Reise nach Oberhof und für einen vielversprechenden Start bei den Männern sitzend.
Erfreut nahm Ralf Rombach die Teilnahme der Britin Lauren Steadman bei den Frauen stehend und des Spaniers Higinio Rivero Fernandez bei den Männern sitzend zur Kenntnis. In ihren Sommersportarten Para Triathlon bzw. Para Kanu zählen beide zur Weltspitze. Steadman gewann bei den jüngsten Paralympics in Tokio Gold, Rivero Fernandez 2022 EM-Silber in München. Der Bundestrainer ist ein großer Freund des Konzepts, durch gut ausbalancierte Aktivitäten in Sommer- und Wintersportarten die individuelle Entwicklung zu kräftigen. „Ich sehe darin viele Vorteile. Wir sollten uns hierzulande ein stärkeres Vorbild an anderen Nationen nehmen, die uns vormachen, wie es funktionieren kann.“
Neben Deutschland, der Ukraine, Großbritannien und Spanien schickten auch Tschechien, die Schweiz, Kroatien und Österreich Athletinnen und Athleten nach Thüringen. Im kommenden Jahr soll das Renn-Wochenende auf vielfachem Wunsch einen früheren Termin bekommen. Die Hoffnung ist, dass dann die Teilnehmerzahlen weiter steigen.
Die Ergebnisse der deutschen Meisterschaften in den Para Sportarten werden in diesem Jahr von der Heinz-Kettler-Stiftung (HKS) präsentiert, um die Aufmerksamkeit für die deutschen Meisterschaften zu erhöhen und die außergewöhnlichen Leistungen der Athlet*innen sichtbarer zu machen. Die HKS wurde von Heinz Kettler und seiner Tochter Dr. Karin Kettler bereits im Dezember 1999 gegründet, um Sportler*innen mit Behinderung in ihrer Sportausübung zu unterstützen und den Inklusionsgedanken in die Praxis umzusetzen.
Text: Benjamin Schieler / Nordic Paraski Team Deutschland