„Die Paralympics sind für mich ein Abenteuer“
Die Paralympics in PyeongChang sind seine siebten Spiele, gleichzeitig feiert er ein Jubiläum: Seit 25 Jahren ist Dr. Hartmut Stinus Mannschaftsarzt der deutschen Nationalmannschaft Para Ski alpin – doch der „Dottore“ ist noch viel mehr. Nah an den Athleten, immer ein offenes Ohr, stets mit großem Engagement und mit viel Erfahrung – Hartmut Stinus ist ein echter Teamplayer. Und sorgt nicht nur in der Mannschaft für gute Stimmung, sondern in PyeongChang auch auf der Bühne des Alpenhauses.
Doch in Südkorea musste der 58-jährige Göttinger mit Schwarzwälder Wurzeln einen Schreckensmoment verkraften. Im Riesenslalom stürzte Monoskifahrer Georg Kreiter und verletzte sich schwer an der Schulter. Von der Piste aus ging es, begleitet von Hartmut Stinus, direkt ins Krankenhaus. Kreiter hatte sich eine Schlüsselbeinfraktur zugezogen. „Gemeinsam mit den südkoreanischen Kollegen haben wir verschiedene Möglichkeiten durchgespielt und uns für eine Operation direkt vor Ort entschieden“, berichtet der Mannschaftsarzt. Mit am OP-Tisch dabei: Hartmut Stinus. Eingreifen musste er allerdings nicht. „Prof. Dr. Kim ist ein hervorragender Unfallchirurg und hat die Operation nach allen bekannten Standards sehr gut durchgeführt.“ Zurück geht es für Kreiter am kommenden Montag gemeinsam mit der restlichen Deutschen Paralympischen Mannschaft. Weitere Behandlungen folgen in Deutschland.
Der Heilungsprozess von Georg Kreiter wird von der Heimat aus weiter begleitet
Stinus wird sich von der Heimat aus weiter um Georg Kreiter kümmern und den Heilungsprozess begleiten – so wie er es immer tut. „Ich betreue das Team das gesamte Jahr über und stehe mit Rat und Tat zur Seite, ob bei Verletzungen, bei der Medikation oder beim Bereich Anti-Doping“, sagt Stinus. Und das bereits seit 25 Jahren. „Mich hat das Thema schon damals unglaublich interessiert, ich habe mich beruflich um Menschen mit Behinderung gekümmert, zudem bin ich selbst Skifahrer. So kam der Kontakt zum Team.“ 1993 trat er die Nachfolge von Dr. Gerd Ascher an, ein Jahr später folgte sein erster Einsatz bei den Paralympics in Lillehammer.
Seitdem hat sich viel getan. Die Aufmerksamkeit für den Para-Sport ist stark angestiegen, ebenso das Niveau, auch die Professionalität hat deutlich zugenommen. „Wir haben viel im Bereich der Leistungsdiagnostik getan, die körperlichen Voraussetzungen sind auf der Piste sehr wichtig“, erklärt Stinus, der mit einem Kollegen eine eigene Praxis hat und zudem noch an der Universitäts-Klinik Göttingen operativ tätig ist.
„Es macht mir unglaublich viel Spaß, Mitglied eines so tollen Teams zu sein“
Die Teilnahme an den Paralympics ist immer ein Highlight, wohlwissend, dass der Hauptjob als Mannschaftsarzt außerhalb der Spiele stattfindet. „Für mich sind die Reisen wie ein Abenteuerurlaub. Das sind spannende Erlebnisse, so etwas kann man sich nicht kaufen. Es macht mir unglaublich viel Spaß, Mitglied eines so tollen Teams zu sein – auch nach 25 Jahren noch“, betont Stinus. Deswegen hat er auch vor einigen Jahren ein Angebot ausgeschlagen, internationaler Chef-Klassifizierer für Para Ski alpin zu werden. „Dann wäre ich jetzt im schicken Hotel und hätte einen eigenen Fahrer. Doch ich mag die Landschulheim-Atmosphäre im Paralympischen Dorf und bin lieber nah bei der Mannschaft.“
Besonders positiv sind seine Erinnerungen an die Spiele in Sotschi 2014. „Auch, weil es so unerwartet positiv war. Die Vorzeichen waren nicht gut aufgrund der Krim-Krise, doch vor Ort habe ich so viele tolle und herzliche Menschen kennengelernt – das werde ich nicht vergessen.“ Ebenso wie viele andere Erlebnisse bei den Spielen. Die schönsten Momente und einige Teile aus der offiziellen Einkleidung hat Hartmut Stinus inzwischen im Schuh-Museum seines Vaters in Achern im Schwarzwald ausgestellt. „Darin habe ich einen kleinen Paralympics-Raum gestaltet.“
Vielleicht hängt dort bald auch ein Bild von seinen Auftritten im Alpenhaus. Denn dort hat der 58-Jährige die Bühne gerockt und als singender Mannschaftsarzt mit seiner Gitarre für mächtig Stimmung gesorgt. Und abseits der Bühne ist Hartmut Stinus stets für die Athletinnen und Athleten da – wie in PyeongChang für Georg Kreiter. Ein echter Teamplayer eben.
Quelle: DBS